Rückblick auf die Gemeinderatssitzung vom 12. November 2025
Gerne gebe ich euch einen ausführlichen Einblick in die Budgetsitzung zum Budget 2026 der Stadt Frauenfeld. Das ist nun mein drittes Budget, und aufgrund der Rückweisung des Budgets 2024 durch die FDP bereits meine vierte Budgetsitzung. Aus dieser Rückweisung heraus resultierte auch die Anpassung des Budgetprozesses, der nun jeweils im November im Gemeinderat beraten wird. Die Sitzung hat deutlich gezeigt, dass wir zwar ein formal positives Budget vor uns haben, dieses jedoch stark von Bewertungskorrekturen bei städtischen Liegenschaften abhängt. Ohne diese Buchgewinne würde ein Defizit von fast drei Millionen Franken resultieren. Der Steuerfuss bleibt bei 62 % stabil, was wir grundsätzlich begrüssen, solange die Qualität der öffentlichen Leistungen erhalten bleibt. Gleichzeitig wird sichtbar, dass Frauenfeld bei den Investitionen weiterhin von der Substanz lebt: Die geplanten Nettoinvestitionen von rund neun Millionen Franken liegen deutlich unter den zwölf Millionen, die notwendig wären, um die städtische Infrastruktur langfristig zu sichern.
Ein wichtiger, teils emotional geführter Punkt war der Änderungsantrag von Ruth Krähenmann (die Mitte) zur Erhöhung der Beiträge an die Jugend- und Stadtmusik, der die ungleiche Belastung der Vereine durch Mietkosten thematisierte und die strukturelle Benachteiligung von Kulturvereinen aufzeigte. Kulturvereine wie die Stadtmusik Frauenfeld benötigen spezifische, akustisch geeignete Räume, die gross genug sind und lärmschutzrechtliche Vorgaben erfüllen. Für den Verein war es daher schwierig, einen geeigneten und zugleich bezahlbaren Raum zu finden. Der nun genutzte Proberaum im Multiplex erfüllt zwar die Anforderungen, verursacht aber entsprechend hohe Mietkosten. Das liegt nicht daran, dass Kulturvereine „teuer“ wären, sondern daran, dass die Stadt in diesem Bereich praktisch keine eigene Infrastruktur anbietet. Sportvereine hingegen können kostenlos oder sehr günstig die Turnhallen der Schulen nutzen, und Pfadi sowie ähnliche Organisationen haben ebenfalls einen deutlich geringeren Infrastrukturbedarf. Diese Unterschiede sind real und müssen politisch anerkannt werden, statt Kultur- und Sportvereine gegeneinander auszuspielen.
In der anschliessenden Kulturdebatte zeigte sich einmal mehr, wie die SVP versuchte, gezielt Kürzungen im Kulturbereich anzubringen. Konkret wollte sie die Beiträge an die Kulturarbeit Frauenfeld (KAFF) reduzieren, während Stadtmusik und Jugendmusik bewusst verschont bleiben sollten. Damit wäre eine politisch motivierte und sachlich nicht begründbare Ungleichbehandlung entstanden. Der Stadtrat hat nicht einfach irgendwelche Zahlen budgetiert, sondern sich mit den Vereinen zusammengesetzt und deren effektiven Bedarf abgeholt. Aufgrund des Sparauftrags des Stadtrats wurden die beantragten Beiträge jeweils gleichmässig um einen identischen Prozentsatz reduziert. An dieser Stelle brachte Alessandra Biondi einen entscheidenden rechtsstaatlichen Grundsatz ins Spiel: „Gleiches ist nach Massgabe seiner Gleichheit gleich, Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu behandeln.“ Sie erinnerte daran, dass der Stadtrat bewusst jene Beträge budgetiert hat, die die jeweiligen Vereine tatsächlich benötigen, und dass unterschiedliche Beiträge aus unterschiedlichen strukturellen Bedingungen entstehen. Wenn man kürzen will, dann muss dies nach rechtsstaatlich nachvollziehbaren Kriterien erfolgen und nicht aus politischem Kalkül nur bei denjenigen Organisationen, die einem ideologisch nicht passen. Besonders wichtig war in diesem Zusammenhang auch der Hinweis, dass die Leistungsvereinbarung mit der Kulturarbeit Frauenfeld aus dem Jahr 2010 stammt und die heutigen Kostenstrukturen längst nicht mehr abbildet. Die Erhöhung des Budgetansatzes ist daher keine Überfinanzierung, sondern eine sachlich notwendige Aktualisierung. Nach einem langen Hin und Her lässt sich die Debatte kurz zusammenfassen: Kein Antrag fand eine Mehrheit – weder die Erhöhungen noch die Kürzungen –, womit die vom Stadtrat budgetierten Beträge an die Vereine unverändert bestehen bleiben.
Für unsere Fraktion hielt Christoph Tobler das Votum. Er begann mit einem Dank an alle, die am Budget mitgearbeitet haben, und bezeichnete das Budget 2026 als Übergangsbudget – nachvollziehbar nach dem Wechsel im Stadtpräsidium, auch wenn wichtige Themen wie das Gesamtkonzept Sportanlagen weiterhin ungeklärt sind. Er betonte, dass wir uns erneut im bekannten Muster bewegen: einem strukturellen Defizit im betrieblichen Ergebnis, das erneut nur durch Sondereffekte ausgeglichen wird. Dieses Jahr ist das einzig dank der Umwidmung der Stadtgärtnerei möglich, die rund drei Millionen Franken ausmacht. Der ausgewiesene Gewinn ist deshalb weniger Ausdruck finanzieller Stabilität als ein rechnerischer Effekt.
Besonders hob Christoph die Investitionen hervor. Von den knapp neun Millionen Franken fliessen rund sieben Millionen in Verkehr und Entwässerung, also vor allem in Strassen. Da die Finanzstrategie die jährlichen Investitionen auf zwölf Millionen begrenzt, bleibt für alle anderen Bereiche nur sehr wenig übrig. Christoph stellte die Frage, ob diese hohen Strassenausgaben tatsächlich alle notwendig sind oder ob Frauenfeld im Vergleich zu anderen Städten überdurchschnittlich viel investiert. Eine vertiefte Überprüfung sei dringend nötig – gerade angesichts der zahlreichen Grossprojekte, die uns in den nächsten Jahren bevorstehen, darunter das Casino, das AZP, die Aussiedlung der Werke, das neue Busdepot und die Sportanlagen.
Weiter hielt er fest, dass das Investitionsbudget der kommenden Jahre erhöht werden muss. Er verwies auf die Aussage des Stadtrats, wonach der Steuerfuss langfristig um acht bis zehn Prozentpunkte erhöht werden müsste, um allein die heutigen Investitionen selbst finanzieren zu können. Gleichzeitig erwähnte er verschiedene denkbare Wege der Finanzierung, etwa steigende Steuererträge durch Wachstum, Einsparungen, mögliche Steuererhöhungen, Baurechte, Liegenschaften oder Mehrwertabschöpfung. Entscheidend sei jedoch, dass die neue Finanzstrategie realistisch wird und nicht wieder auf Zahlengrundlagen beruht, die an der Realität vorbeigehen.
Christoph ging auch auf einzelne Budgetpositionen ein. Die stark gestiegenen IT-Kosten seien demokratisch legitimiert, müssten nun aber tatsächlich zu den angekündigten Effizienzgewinnen führen. Die höheren Kosten des Elektrobussystems seien ein sinnvoller ökologischer Ausgleich. Bei den Rückstellungen von Thurplus für den Rückbau der Gasversorgung stellte er die Frage, ob eine progressivere Verteilung über die kommenden Jahre sinnvoller wäre. Beim AZP müsse das Jahr 2026 aufzeigen, ob die Reorganisation tatsächlich zu dauerhaften Einsparungen führt. Dabei betonte er, wie zentral motiviertes und gut ausgestattetes Personal für eine funktionierende Stadt ist und dass Vernachlässigung in diesem Bereich langfristig hohe Kosten verursacht.
Christoph schloss mit dem Appell, dass der Stadtrat in allen Bereichen vorausschauend und nachhaltig planen müsse – finanziell, strukturell und im Umgang mit den Menschen, die Frauenfeld prägen, sei es in Kultur, Vereinen, Freiwilligenarbeit oder in der Verwaltung. Diese Menschen zu unterstützen macht sich nicht sofort im Budget sichtbar, zahlt sich jedoch mittel- und langfristig aus. Abschliessend kann ich sagen, dass es eine unauffällige Sitzung war – auch das darf einmal sein.
Solidarische Grüsse
Parwin Alem Yar