Zurück im warmen Ratssaal

Rückblick auf die Gemeinderatssitzung vom 23. August

Die Sommerpause ist für Fraktion und Gemeinderat vorbei. Für die Sitzung waren zwei Geschäfte traktandiert: Der Angebotsausbau der Stadtbuslinie 5 Richtung Walzmühle und die Revision des Reglements über den Tarif für die Abgabe von Erdgas und Biogas. Während das erste Traktandum fast unbestritten war, gab es beim zweiten dann doch Diskussionsbedarf.

 

Für unsere Fraktion endete die Sommerpause schon vor dieser Sitzung. Neben der obligaten Fraktionssitzung und Kommissionssitzungen trafen wir uns am letzten Samstag zu einer intensiven Retraite. Wir haben zusammen mit dem Vorstand unsere Legislaturziele geschärft, konkretisiert und unter uns verteilt. Einige Vorstösse sind nun schon bald geplant, andere bleiben noch etwas länger in der Pipeline und brauchen noch mehr Recherche und Abklärungen. Wir sind auf alle Fälle motiviert, in dieser Legislatur viel zu bewirken!

Stadtbus-Ausbau – Unbedingt!

Zurück zur Gemeinderatssitzung: Auch wenn die Zahlen wegen der Pandemie nicht gänzlich aussagekräftig sind, zeigen sie doch einen klaren Trend: Die Stadtbuslinie 5, die nun in einer Richtung bis in die Walzmühle fährt und deren Angebot in Richtung Langfeldkreisel ausgebaut wurde, erfüllt offensichtlich ein Bedürfnis, die Fahrgastzahlen steigen. Unsere Fraktion war klar dafür, dem Antrag des Stadtrates auf Verlängerung des Versuchsbetriebs um ein Jahr und dem gleichzeitig gestellten Antrag auf definitive Einführung auf Dezember 2024 zuzustimmen. Unser Fraktionssprecher Christoph Tobler erläuterte dies mit einem Votum kurz und prägnant: Weiter so! Der ÖV ist ein wichtiger Pfeiler für eine zukunftsgerichtete Verkehrspolitik und da sowohl das Gebiet um die Walzmühle, als auch im Murgbogen wachsen werden, ist das Stadtbus-Angebot dort absolut richtig platziert. Nun hätten wir die Stadtbusse nur gerne noch elektrifiziert. Wir bleiben dran.

Ungewohnte Einigkeit

Nicht nur unsere Fraktion war klar dafür. Sowohl in der zuständigen Kommission als auch bei allen anderen Fraktionen stiess die Vorlage auf Zustimmung. Nicht alle sind jedoch gleich überzeugt wie wir, die FDP verwies auf die Zusatzkosten, die durch den Ausbau für die öffentliche Hand entstehen. Trotzdem stimmte auch diese Fraktion dann mehrheitlich zu, um Mobilität für die Wirtschaft zu ermöglichen. Immerhin für die Wirtschaft, wenn schon nicht für die Menschen oder die Umwelt.

Die Fraktion CH/Grüne/GLP hat berechtigterweise die Gelegenheit genutzt, in ihrem Votum über die Preisstruktur des Stadtbusses nachzudenken. Mit dem Beispiel Kreuzlingen, das ein innovatives Finanzierungsmodell für den Stadtbus aufzeigt, gäbe es aktuelle Vorbilder, von denen man lernen könnte.

Bei der Schlussabstimmung zeigte sich dann die überraschende Einigkeit ganz deutlich: Die Vorlagen wurden mit 36 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung und null Gegenstimmen angenommen.

Eine Revision mit vielen Fragezeichen

Bei der zweiten Vorlage sah es dann anders aus. Aber auch hier gab es am Schluss eine klare Mehrheit, die nicht dem üblichen Graben zwischen links und rechts entsprach. Worum ging es? Stadtrat Hugentobler sah sich zusammen mit Thurplus dazu gezwungen, das Reglement über den Tarif zur Abgabe von Erdgas und Biogas aus dem Jahr 2020 bereits wieder grundlegend zu revidieren. Der Gemeinderat hätte nun diesem revidierten Reglement zustimmen sollen. Es kam aber anders.

Die zuständige Kommission – mit unserem Fraktionsmitglied Ralf Frei als Beobachter – konnte dem vorgelegten Reglement nicht unverändert zustimmen. Nach intensiven Sitzungen und weiteren schriftlichen Beratungen legten sie dem Rat ein Papier mit Anträgen zu Änderungen der Vorlage vor – das Papier enthielt rekordverdächtige 18 Anträge!

Welches Vorgehen passt?

Nun entstand die erste Uneinigkeit des Abends. Soll man überhaupt eintreten auf eine solche Vorlage, die ganz offensichtlich nicht abstimmungsreif ist, wenn die zuständige Kommission sich gezwungen sieht, so viele Änderungen zu verlangen? Oder soll man eintreten und materiell diskutieren? Oder eintreten und dann einen Rückweisungsantrag stellen an Stadtrat oder Kommission?

Unsere Fraktion entschied sich für das Eintreten und ausser der FDP, die gar nicht erst auf die Vorlage eintreten wollte, war eine klare Mehrheit der gleichen Meinung. Also – eintreten – und nun? Die SVP stellte einen Ordnungsantrag für eine Rückweisung an den Stadtrat, woraufhin die Fraktionen Stellung zu diesem Antrag beziehen konnten. Unsere Fraktion mit Sprecher Ralf Frei war klar für diesen Antrag. Er führte zuerst im Namen der GPK und dann auch im Namen der SP aus, dass die Vorlage ganz offensichtlich nicht sauber ausgearbeitet war. Insbesondere auch formale Mängel zeugen davon, dass trotz des Debakels um das Fernwärmereglement im letzten Jahr wieder nicht genau gearbeitet wurde. Es stellt sich erneut die Frage, ob die outgesourcte Erarbeitung solcher Dokumente der richtige Weg ist. Daneben war der Mangel an Zeit für fundierte Besprechungen in der Kommission und in den Fraktionen ein klarer Kritikpunkt. Mit solch kurzen Fristen kann ein Milizparlament seine Arbeit nicht korrekt erledigen.

Breite Zustimmung für einen Ordnungsantrag – aber nicht einstimmig

Sowohl die SVP/EDU-Fraktion, als auch die FDP waren einstimmig derselben Meinung. Auch hier fielen Stichworte wie unsauber und unseriös vorbereitet. Und auch die Timelines waren wiederum Thema. Roland Wetli schlug für CH/Grüne/GLP in die gleiche Kerbe. Er führte ebenfalls die grosse Anzahl an formellen Mängeln an. Nun komme es wieder – wie bei der Casino-Vorlage – zu einer Notbremse. Er führte dann auch klar aus, warum die Rückweisung an den Stadtrat erfolgen müsse und nicht an die GPK. Diese sei kein Fachorgan, das eine formale Überarbeitung machen könne, sondern ein politisches Gremium.

Einzig eine Mehrheit der Fraktion Mitte/EVP lehnte den Rückweisungsantrag ab. Auch sie fanden das Reglement würde keinen «Pulitzer-Preis» gewinnen, wollten es aber dennoch einführen, um gegen Rechtsunsicherheiten vorzugehen.

Ein stadträtliches «nostra culpa»

Stadtrat Hugentobler entschuldigte sich in seinem Votum im Namen von Verwaltung und Thurplus zu einzelnen Kritikpunkten, wenngleich er nicht alle Vorwürfe so stehen lassen wollte. Das Prädikat «unsauber gearbeitet» bestritt er. Er verzichtete auf weitere inhaltliche Ausführungen. Der Rückweisungsantrag wurde dann klar angenommen, mit 34 Ja- zu 3 Nein-Stimmen. Damit war die Sitzung beendet und man konnte sich dem Tuschelthema des Abends – gleichentags erschienenen Zeitungsartikeln – widmen.

Susanne Weibel Hugentobler, Gemeinderätin

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