Rückblick auf die Gemeinderatssitzung vom 13. März 2024
Nachdem der Stadtrat zusammen mit der Verwaltung schnell auf die Budget-Rückweisung der Bürgerlichen im Dezember reagierte und in einem Kraftakt innerhalb weniger Wochen eine zweite Version erstellte, war es nun am Gemeinderat, diese zweite Version zu beurteilen.
Erstaunliche Einigkeit
Interessanterweise gab es den allgemeinen Voten der Fraktionen nach zu urteilen doch eine gewisse Einigkeit zum neuen Budget: Es wurde viel Dank an den Stadtrat und an die Verwaltung ausgesprochen für die schnelle Erarbeitung der zweiten Version des Budgets. Häufig wurde auch erwähnt, dass der Rückweisungsantrag erfüllt wurde, einige empfanden die Kürzungen aber als immer noch zu klein, andere wiederum fanden, der Stadtrat sei über das Ziel hinausgeschossen, sei zu nah am Rückweisungsantrag geblieben und hätte sich mehr eigene Überlegungen machen sollen. Das weitere grosse gemeinsame Thema der Fraktionsvoten war die Nachhaltigkeit dieser Sparmassnahmen. Fast alle monierten, dass viele der Budgetkürzungen nicht nachhaltig seien (Beträge für Büromöbel-Anschaffung oder externe Beratung, Verschiebung Bauprojekte). Der Löwenanteil dieser Streichungen wird nicht langfristig wirksam sein, sondern in den Folgejahren doch wieder eingeplant werden. Hier ist nun der Stadtrat in der Pflicht (und sieht das laut dem Stadtpräsidenten auch so) die nächsten Monate dafür zu nutzen, nachhaltig wirksame Sparmöglichkeiten auszuloten. Dafür braucht es eine Klärung der städtischen Aufgaben. Auch unser Fraktionsmitglied Parwin Alem Yar hat in ihrem Votum hervorgehoben, dass auch unsere Fraktion dahintersteht, die städtischen Aufgaben zu analysieren und zu klären, was als Aufgabe der Stadt verstanden wird – was wirklich nötig, was «nice to have» ist und wovon man sich allenfalls verabschieden muss. Ein gemeinsamer Prozess ist hier nötig, damit man nicht jedes Jahr von neuem über Kleinbeträge diskutiert und immer wieder die Frage «Ist das wirklich Aufgabe der Stadt?» eingebracht wird. Es braucht hier Entscheide, um gemeinsam vorwärtszukommen, dem strukturellen Defizit entgegenzuwirken, mehr Effizienz hinzubringen und trotzdem die Attraktivität des Lebens in unserer Stadt nicht aufzugeben. Hier stehen Stadt- und Gemeinderat gemeinsam in der Pflicht, diesen schwierigen, umfangreichen Prozess konstruktiv miteinander anzugehen.
Kontroverse um die geplante Steuererhöhung
Die vom Stadtrat vorgeschlagene Steuererhöhung um 3% beendete die eben doch brüchige Einigkeit der Fraktionsvoten. Während unsere Ratsseite, wie auch die SVP, die vorgeschlagene Erhöhung über 3% mittrug und als notwendig erachtete, lehnte die FDP jede Steuererhöhung ab und die Fraktion Mitte/EVP stellte einen Antrag, nur um 2% statt 3% zu erhöhen. Ihr Fraktionssprecher Beda Stähelin legte dar, dass sie bei der Stadt primär ein Ausgaben-, nicht ein Einnahmenproblem orten. Sie befürchten, dass gute Steuerzahler wegziehen, wenn es so weitergehe. Elio Bohner (CH) hielt dagegen mit einem mathematischen Lehrstück und Bemerkungen zu Zentrumslasten, Konkurrenzfähigkeit durch Attraktivität und Steuerfüsse der Vergangenheit. Die Abstimmung dazu fand dann erst am Schluss der Sitzung statt (s. unten).
Detailberatung zu diversen Anträgen
Nach der allgemeinen Debatte widmeten wir uns der Detailberatung. Nach der Berichterstattung aus den drei Geschäftsprüfungskommissionen kam es zu mehreren Anträgen:
Unsere Fraktion stellte einen Antrag zur Wiederaufnahme der 1. August-Feier bei der Rüegerholzhalle, dies war uns von diversen Stimmen aus der Bevölkerung nahegelegt worden und wir fanden dies unterstützenswert, da diese Veranstaltung für viele, insbesondere auch für viele Familien ein Fixpunkt im Kalender war. Unser Antrag fand überparteilich Zustimmung, aber keine Mehrheit (13 ja/15 nein/11 Enth.). Als Sparmöglichkeit für die dafür benötigten Gelder fanden wir beim hohen Budget für Schlossbadi-Werbung einen Betrag, den wir in der vorgeschlagenen Höhe als nicht mehr notwendig erachten. Auch dieser Antrag wurde verworfen (14 ja/20 nein/5 Enth.)
Erfolgreicher waren die Anträge der Fraktion CH/Grüne/GLP, welche Roman Fischer (Grüne) vortrug. Wir hätten diese in ähnlichem Rahmen eingebracht und konnten deshalb schon im Vorfeld unserer befreundeten Fraktion unsere einstimmige Unterstützung zusichern.
Es ging dabei einerseits um das Rückgängigmachen von pauschalen Kürzungen im Kulturbereich um 5%. Davon betroffen wären insbesondere viele Vereine, aber auch bspw. die Jugendmusikschule. Die Wiederaufstockung um ebendiese 5% sollte budgetneutral erfolgen, indem dafür Streichungen bei der Wirtschaftsförderung, insbesondere im Bereich Sozialraum eingeplant wurden, da der Output hier als zu gering erachtet wird. Vielleicht auch durch ein engagiertes Votum von Ruth Krähenmann (Mitte), die den Antrag wegen des Wertes der Vereine für die Gesellschaft, die einzelnen Menschen und der Musik für die Gesellschaft unterstützte, fand der Antrag über unsere Ratsseite hinaus Zustimmung und wurde mit 20 ja/17 nein/2 Enth. angenommen. Wir freuen uns mit den Antragstellenden sehr darüber, insbesondere auch für die davon betroffenen Vereine und Organisationen.
Roman Fischers zweiter Antrag betraf die Auslandhilfe an Hilfswerke, welche von unserer Stadträtin aus ihrem Sparauftrag heraus im Budget gekürzt wurde. Fischer verwies auf eine gemeinderätliche Motion aus dem Jahr 1991, welche dem Stadtrat zum Betrag eine Vorgabe mache. Eine Mehrheit des Rates liess sich von seinen Argumenten überzeugen und nahm den Antrag denkbar knapp an (19 ja/19 nein/1 Enth., Stichentscheid unseres Präsidenten).
Und noch mehr Anträge…
Ein überparteilicher Antrag von Roland Wetli (CH) und Christoph Regli (Mitte) zur Wiedereinstellung von (abgespeckten) 10’000.- für den Anerkennungspreis fand trotz einem starken Votum für die Bedeutung der Freiwilligenarbeit in unserer Stadt leider knapp keine Zustimmung (19 ja/20 nein/0 Enth.). Sehr schade aus unserer Sicht!
Von rechter Seite erfolgte dann ein Antrag zur Inlandhilfe (diese betrifft die Unterstützungsbeträge des Sozialdepartementes an Beratungsstellen und Organisationen wie Tischlein deck dich u. Ä.). Hier hatte die GPK eine durch den Stadtrat erfolgte Kürzung mit einem Mehrheitsentscheid rückgängig gemacht, die SVP wollte aber wieder auf den gekürzten Betrag zurück. Die beiden Anträge zu diesem Bereich wurden von einer Mehrheit des Rates abgelehnt (18 ja/20 nein resp. 18 ja/21 nein/1 Enth.). Es bleibt also bei den letztjährigen Beträgen, die GPK-Wiedererhöhung wurde durch den Gesamtrat gestützt. Auch hier: Wir freuen uns!
Ein letzter Änderungsantrag, diesmal zum Finanzplan, kam von Anita Bernhard-Ott (CH): Die Arealentwicklung beim heutigen Werkhof und beim heutigen Stadtbusdepot (räumliche Verschiebung aus diversen Gründen, z.B. um Bus-Elektrifizierung zu ermöglichen und um an dieser Lage Wohnraum zu ermöglichen) war mit dem Rückweisungsantrag aus dem Budget gekippt worden. Hier hat man in Zusammenarbeit mit dem Stadtrat, den betroffenen Ämtern und fraktionsübergreifend einen Kompromissvorschlag gefunden (Tausch mit Kürzungen in zwei Konti im Tiefbau-Amt). Auch die Bauvorsteherin unterstützte diesen Antrag. Er wurde dementsprechend sehr deutlich angenommen (36 ja/3 nein/0 Enth.) Hoffentlich ein gutes Zeichen für die weitere produktive Zusammenarbeit von Stadt- und Gemeinderat.
Habemus Budget!
Es folgte die Beschlussfassung über die stadträtlichen Anträge. Zuerst stand der Steuerfussantrag an: Der Änderungsantrag der Mitte/EVP-Fraktion (2% statt 3%-Erhöhung) scheiterte überraschend deutlich (12 ja/25 nein/2 Enth.). Der stadträtliche Vorschlag der Erhöhung um 3% erlangte dann klare Zustimmung (29 ja/10 nein/0 Enth.). Die Notwendigkeit dieser Massnahme wird offenbar in einem breiten Spektrum als solche wahrgenommen.
An zweiter Stelle stimmten wir dann über das gesamte Budget ab. Hier war die Mehrheit noch offensichtlicher: 33 Ja- standen 0 Nein-Stimmen gegenüber bei 6 Enthaltungen.
Zu guter Letzt durften wir über die Kenntnisnahme des Finanzplans abstimmen, hier standen 34 Ja-Stimmen 5 Enthaltungen gegenüber.
Also: Habemus Budget! Aber: Die Referendumsfrist für eine Volksabstimmung beginnt bereits heute Donnerstag. Und die Spatzen pfeifen es schon lange vom Rathaus-Dach: Es wird eine Unterschriftensammlung dafür geben. Je nach Ausgang werden wir alle an der Urne über das Budget befinden. Falls genügend Unterschriften zusammenkommen, könnte die Verwaltung frühestens ab Juni mit einem gültigen Budget arbeiten. Diese allfällige weitere Verzögerung wird die Verwaltung und im Weiteren auch Vereine und Organisationen, die auf städtische Beiträge hoffen dürfen, empfindlich treffen und hemmen.
Die Budgetsitzung fand nach über drei Stunden dank breitem Konsens der Fraktionen über die Notwendigkeit eines verabschiedeten Budgets, sogar mit dem erhöhten Steuerfuss, ein versöhnliches Ende. Und da unser Gemeinderatspräsident anlässlich seines 40. Geburtstages im Anschluss an die Sitzung alle zu einem Bier einlud, konnten die überparteilichen Gespräche gleich weitergeführt werden. Vielleicht ein gutes Zeichen für weitere konstruktive Zusammenarbeit.
Susanne Weibel Hugentobler, Fraktionspräsidentin