Rückblick auf die Gemeinderatssitzung vom 15. Dezember 2021
Das Budget 2022 der Stadt Frauenfeld ist beschlossene Sache. Mit einem Defizit von 3.78 Millionen und gleichbleibendem Steuerfuss schraubt der Gemeinderat nur marginal an den Vorschlägen des Stadtrates. Der Teufel liegt jedoch wie üblich im Detail und die Spannung dieses Mal definitiv eher in den Randbemerkungen.
Die Budgetsitzung ist jeden Dezember wieder ein ordentlicher Brocken Arbeit für uns Milizler. Ein 550-seitiges, mit Zahlen gespicktes Dokument an einer einzigen Sitzung durchzuberaten ist jeweils nicht unbedingt die schönste Aussicht. Mit guter Vorbereitung in den Kommissionen und Fraktionen lässt sich das dann aber doch relativ sinnvoll bewerkstelligen und am Ende der Sitzung stehen politisch ruhigere Tage an.
Wichtiges Vorgeplänkel
Neben dem Budget standen noch einige kleine Geschäfte auf der Traktandenliste, beispielsweise die Wahl von der neuen FDP-Gemeinderätin Kathrin Widmer Gubler in die Geschäftsprüfungskommission Gesellschaft, Gesundheit und Freizeitanlagen. Übrigens tragen mit ihrem Nachrücken nun 4 Ratsmitglieder oder 10 Prozent des Rates den Nachnamen Gubler ;-). Und wo wir gleich dabei waren, wählten wir Kathrin Widmer Gubler auch direkt ins Präsidium der besagten GPK, da dieses durch den Rücktritt von Ursula Duewell ebenfalls frei wurde. Dass die FDP gerade das neuste Ratsmitglied für dieses wichtige Amt vorschlug, finde ich nicht ganz optimal. Nichtdestotrotz unterstützte ich die Wahl (dem Frieden zuliebe) und der Rest des Rates ebenfalls. Gratulation an dieser Stelle!
Kurz darauf stand auch schon mein eigener Auftritt an, da ich wiedermal ein Votum für die Redaktionskommission halten durfte. Es ging dieses mal darum, das Reglement über das Alterszentrum Park redaktionell zu bereinigen, sprich sprachliche Korrekturen anzubringen und Widersprüche und Unstimmigkeiten zu beseitigen. Es braucht eine etwas spezielle Herangehensweise, um an dieser trockenen Arbeit Freude zu haben. Üblicherweise versuche ich es mit Humor, in diesem Fall Galgenhumor, wie eine Passage aus meinem Votum zeigt:
Erwähnt sei aber noch Artikel 19. Abs. 3: «Austritt BEZIEHUNGSWEISE Tod» tönt doch stark danach, als ob die beiden Begriffe gleichzusetzen sind. Der Begriff «oder» soll hier klar deklarieren, dass dem nicht so ist…
Zum Budget selbst
Für die Budgetdebatte arbeitete die SP-Fraktion auch dieses Jahr im Vorfeld mit der Fraktion CH/Grüne/GLP zusammen, weshalb einige Anträge im Namen beider Fraktionen gestellt wurden. Immer wieder schön, wenn die progressiven Kräfte gebündelt werden!
Zunächst gab aber unser SP-Pascal im Eintretensvotum eine Gesamtwürdigung ab. Beim Eintreten bezogen viele Fraktionssprecher bereits Stellung zur möglichen Steuerfusserhöhung, die der Stadtrat für in wenigen Jahren ins Spiel brachte. Für die Bürgerlichen ist bereits jetzt klar, dass dies nicht nötig sein wird. Vor dem Hintergrund der grossen Projekte, die auf die Stadt zukommen, ist die SP-Fraktion da ein wenig anderer Ansicht:
Steuerfusserhöhungen sind auch für uns unschön, als Mittel zum Zweck des Erhalts guter Basisinfrastrukturen aber auch nicht undenkbar.
Aus der Detailberatung sind vor allem zwei Anträge von der linken «Grosskoalition» zu erwähnen. Wir wollten zwei Strassensanierungsprojekte aus dem Budget streichen und damit zuwarten, bis klar ist, ob die Strassen aufgrund einer anderen Baustelle dann in wenigen Jahren wieder aufgerissen werden müssen. Der Antrag scheiterte mit 11 zu 17 Stimmen bei 4 Enthaltungen, da die Bürgerlichen gerne das Geld für Strassen verlochen.
Der Stadtrat argumentierte in dieser Diskussion gar, dass die Schaffhauserstrasse aufgerissen werden müsse, da unter ihr Leitungen von 1945 liegen. Warum eine Leitung genau nach 77 Jahren zwingend ersetzt werden muss und nicht 79 Jahre durchhält, darauf wurde nicht eingegangen.
Beim zweiten Antrag gings um das Parkleitsystem, mit welchem Autofahrenden aufgezeigt werden soll, in welchem Parkhaus und auf welchem Parkplatz noch wie viel frei ist. Wir warten bereits seit 10 Jahren darauf. Eine Studie zur Vorabklärung war bereits in Vergangenheit budgetiert, wurde jedoch nicht durchgeführt (wir sind also noch gar nirgends). Nun wollte der Stadtrat die Studie auch nicht 2022 durchführen, sondern stellte den Budgetposten im Finanzplan auf 2023 in Aussicht. Ohne uns, dachten sich die Linken, und holten den Budgetposten mithilfe der Fraktion Die Mitte/EVP ins 2022. Damit ist der Stadtrat zwar nicht gezwungen, die Studie auch durchzuführen, aber immerhin hat der Gemeinderat mal wieder ein Zeichen gesetzt. Der Stadtrat täte wirklich gut daran, mit dem Parkleitsystem endlich vorwärts zu machen, da der elende Suchverkehr ein Problem ist, das sogar Bürgerliche bekämpfen wollen.
Die Bombe in der Randbemerkung
Zuwarten. Dies scheint die neue Strategie des Stadtrates zu sein, nicht nur beim Parkleitsystem. Denn im Zuge der Budgetierung eines neuen Vorhangs für die Festhalle Rüegerholz wurde nochmals klar gesagt, dass diese mindestens bis 2034 in Betrieb bleiben wird, da einzelne Pachtverträge bis dann verlängert wurden.
Da hätte sich die SP-Fraktion wirklich etwas anderes vorgestellt, als die alte Halle mit Reanimationsmassnahmen bis 2034 am Leben zu halten. Es ist unverständlich, warum das Projekt nicht bereits vorangetrieben wurde. Im Gegenteil argumentierte Stadtrat an der Sitzung sogar, dass man damit Zeit gewonnen habe. Schön. Wir haben Zeit gewonnen, um Vereinen und Veranstaltern weiterhin veraltete Infrastruktur zu bieten. Wir haben Zeit gewonnen, die wir eigentlich einfach nicht haben.
Ralf Frei, Gemeinderat