Für alle statt für wenige!


Die Gretchenfrage

Von Admin, 16. November 2023

Rückblick auf die Gemeinderatssitzung vom 15. November 2023

„Nun sag’, wie hast du’s mit dem Sparen?“ – Diese Frage bestimmte die jüngste Gemeinderatssitzung. Für die einen war es klar der Kunstrasen in der kleinen Allmend, bei dem der Stadtrat zu viel Geld einsetzen wollte. Andere hätten lieber am Personal des Alterszentrum Park gespart. Glücklicherweise konnte die SP für einmal als Siegerin vom Platz gehen.

So unterschiedlich zwei Geschäfte sein können, so spannend ist eine Traktandierung dieser für eine einzelne Gemeinderatssitzung. Als erstes stand am 15. November der Ersatz Kunstrasen Kleine Allmend auf der Traktandenliste.

Publikum im Rathaus

Wenn sich während einer Gemeinderatssitzung neben den üblichen Verdächtigen mehrere Dutzend Zuschauende auf der Gallerie befinden, hat dies meist mit dem Interesse eines Vereins zu tun. So auch an diesem Mittwoch mit dem FC Frauenfeld. Für diesen (oder mind. hauptsächlich für diesen) plante der Stadtrat eine Erneuerung des Kunstrasens auf der kleinen Allmend für knapp 900’000 Franken. Diese nicht unerhebliche Summe gab im Vorfeld in unserer Fraktion ordentlich zu diskutieren, da der effektive Kunstrasenersatz lediglich 460’000 Franken kostet, während die zweite Hälfte des Betrags für „Umgebung, Lagerplatz und Geländer, Anpassung Zuschauerbereich sowie Unterhaltsgeräte“ vorgesehen war. „Bei einer geplanten Lebensdauer von 15 Jahren kostet uns der Platz 60’000 Fr. pro Jahr. Ein stolzes Preisschild.“, hielt Fraktionssprecher Christoph Tobler fest.

Selbstverständlich hält die SP-Fraktion die Vereinsarbeit des FC Frauenfeld aus diversen Gründen für unterstützenswert. Warum aber genau für diesen Verein so viel Geld ausgegeben werden soll, während andere nicht mal annähernd von solchen Unterstützungsbeiträgen träumen können, wurde nicht abschliessend beantwortet. Daher unterstützten wir auch einen Antrag von Roland Wyss, der den Betrag um satte 100’000 Franken kürzen wollte. 

Parteizugehörigkeit spielte bei Partikularinteressen plötzlich keine Rolle mehr. Das Abstimmungsverhalten beim Kürzungsantrag war dann auch höchst spannend – ein Umstand, der im Frauenfelder Stadtparlament Seltenheitswert hat. Spannend waren insbesondere diverse ansonsten achso sparwütige Bürgerliche, denen beim Thema Kunstrasen plötzlich ihr eigenes Parteiprogramm abhanden kam. Die halbe Antwort zu Gretchenfrage war also schon gegeben.

Die Kürzung kam dann mit 20 zu 16 Stimmen durch, sodass am Ende das Parlament den Kunstrasen für knapp 800’000 Franken einstimmig bei zwei Enthaltungen guthiess. Ein pragmatisches Ergebnis für die derzeitigen Umstände, würde ich meinen, das das anwesende Publikum lautlos zur Kenntnis nahm. Hoffentlich kommt wenigstens Freude auf, wenn der neue Kunstrasen dann fertig ist.

Personal im Alterszentrum

Beim zweiten grossen Traktandum des Abends ging es um die Erhöhung der Pensionspreise und Betreuungstaxen im Alterszentrum Park, und zwar das dritte Jahr in Folge. Auch hier musste die SP-Fraktion abwägen: Teuerung, anständige Löhne und der Investitionsbedarf auf der einen Seite, erhöhte Kosten für die Bewohnerinnen und Bewohner auf der anderen. „Wir haben auch in diesem Jahr leider mehr Gründe gefunden, die für eine Erhöhung der Tarife sprechen. Gerade die Personalkosten können in der aktuellen Situation nicht gekürzt werden, im Gegenteil.“, votierte Fraktionsprecherin Susanne Weibel.

Demgegenüber zeigte die SVP, wie sie Ihre „Sparbemühungen“ auf den Boden bringen will: nicht beim Kunstrasen, aber z.B. beim Personal des AZP. Mit einer Reihe an Anträgen wollten die Volksvertretenden mit dem Sünneli im Logo die Erhöhung der Tarife um 1/3 reduzieren, was ordentlich misslang. Nicht mal die ganze SVP folgte diesen Anträgen. So sehr ich das Anliegen, die Bewohnenden nicht zu stark zu belasten verstehe, so sehr lieferten die Anträge keine Lösungen für die vorherrschenden Probleme. Eine Reduktion hätte nur zu schlechtere Bedingungen für das Personal geführt, was beim allgegenwärtigen Fachkräftemangel zu verheerenden Folgen geführt hätte.

„Nun sag’, wie hast du’s mit dem Sparen?“

Diese Frage trennte in der jüngsten Gemeinderatssitzung die Spreu vom Weizen. Sie SP-Fraktion stand für einmal auf der Seite der Gewinnerinnen – aber wie beim FC war auch bei uns die Freude getrübt. Das strukturelle Defizit, das wir nach Jahren der bürgerlichen Mehrheiten vorliegend haben, wird die Frauenfelder Politik in den nächsten Jahren prägen. Ich freue mich schon auf die nächste Etappe: die Budgetdebatte an der nächsten (meiner letzten) Gemeinderatssitzung vom 13. Dezember.

Ralf Frei, Gemeinderat